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BEHANDLUNGSZIELE BEI PSYCHOSEN UND SCHIZOPHRENIE:
6. Die Noradrenalin-Hypothese
10 mögliche Dysfunktionen und Behandlungsziele sind:
1. Dopamin
2. Serotonin
3. Glutamat
4. GABA
5. Acethylcholin
6. Noradrenalin
7. Endocannabinoid
8. Oxidativer Stress
9. Entzündungen
10. Reaktion des Immunsystems
Es wurde bisher gezeigt, dass eine 1. dopaminerge und 2. serotonerge Überfunktion, 3. eine Unterfunktion von Glutamat (NMDA-Rezeptoren) und 4. GABAerger Aktivität, 5. ein vermindertes cholinerges Feuern eine ursächliche Rolle bei Psychosen und Schizophrenie auf biochemischen Ebene spielen.
Bisher wurde Schizophrenie mit einem Ungleichgewicht in einem bestimmten Botenstoff im Gehirn, Dopamin, in Verbindung gebracht, was jedoch nicht alle Aspekte der Erkrankung erklären kann. Eine weniger bekannte Theorie besagt, dass eine erhöhte noradrenerge Signalübertragung eine ursächliche Rolle bei der Krankheit spielt.
Was besagt die Noradrenalin Hypothese?
Die Noradrenalin-Hypothese widerspricht nicht den oben genannten Theorien wie der Dopamin-Hypothese oder der NMDA-Rezeptor-Unterfunktions-Hypothese, sondern legt vielmehr nahe, dass erhöhtes Noradrenalin (NA) ein zusätzlicher Faktor ist, der beim Verständnis und der Behandlung der Krankheit berücksichtigt werden muss, zumindest bei einer Untergruppe von Personen. Eine solche Erhöhung ist weitgehend genetisch bedingt und während des gesamten Lebens des Einzelnen vorhanden, obwohl psychischer Stress und Vitaminmangel diesen Effekt verstärken kann.
Eine Reihe von Studien stützen die Hypothese, und mehrere legen nahe, dass eine erhöhte NA-Signalübertragung eine besonders wichtige Rolle beim paranoiden Subtyp der Schizophrenie spielt. Wenn die Hypothese für einige Personen zutrifft, könnten herkömmliche Behandlungsoptionen verbessert werden.
Es ist bekannt, dass Noradrenalin eine Schlüsselrolle in der Pathophysiologie der Major Depression (MDD) und der Schizophrenie spielt. Bei der Schizophrenie wurde eine erhöhte Bildung von Noradrenalin festgestellt. Bei Depressionen besteht häufig ein Mangel an verschiedenen Transmittersubstanzen (Dopamin, Noradrenalin und Serotonin).
Was ist Noradrenalin?
Noradrenalin oder Norepinephrin ist ein körpereigener Botenstoff, der als Stresshormon und Neurotransmitter wirkt. Noradrenalin ist einer der wichtigsten Neurotransmitter des Nervensystems und ein Hormon, das unter anderem die Motivation und Wachheit sowie die Ausschüttung von Adrenalin bewirkt. Als Körperhormon wird die Substanz im Nebennierenmark gebildet; als Neurotransmitter dagegen im Zentralnervensystem produziert.
Noradrenalin (NA) ist eng mit Adrenalin verwandt. Die wichtigste Funktion von Noradrenalin ist seine Rolle als Neurotransmitter im Zentralnervensystem. Damit unterscheidet sich Noradrenalin (NA) vom Adrenalin, welches nur eine untergeordnete Neurotransmitterrolle besitzt.
Die NA- Rezeptoren
NA-Rezeptoren spielen eine Rolle bei einem breiten Spektrum von Gehirnfunktionen, wie Erregung, Stressreaktion, Gedächtniskonsolidierung, Immunantwort, Schlaf/Wachheit und Regulierung der Schmerzschwelle. NA ist eines der Hauptmoleküle, die als Reaktion auf psychischen Stress im Gehirn und im Blutkreislauf freigesetzt werden und so zur Vermittlung der sogenannten „Kampf-oder-Flucht“-Reaktion beitragen. Menschen mit Schizophrenie zeigen eine abnormale Empfindlichkeit gegenüber psychischem Stress.
Noradrenalin, Wahnvorstellungen und Halluzinationen
Im Zusammenhang mit Halluzinationen dürften nach heutigen Kenntnissen besonders vier solche Botenstoffe im Gehirn Bedeutung haben: Dopamin, Serotonin und Noradrenalin, die auf Nervenzellen meist hemmend wirken, sowie Acetylcholin, ein erregender Transmitter. Immer mehr wissenschaftliche Befunde deuten darauf hin, dass letztlich eine gestörte Balance dieser Transmitter zu Halluzinationen führt.
Dabei erweisen sich insbesondere Noradrenalin und auch Dopamin als Gegenspieler des Acetylcholins. Letzteres ist offenbar für Aufmerksamkeit und wahrscheinlich auch für Lernen und Gedächtnisfunktionen verantwortlich. Dopamin scheint eine Rolle zu spielen, um Wichtiges von Unwichtigem zu trennen. Acetylcholin hilft uns auch zu träumen. Im Schlaf fehlen Noradrenalin und Serotonin fast völlig.
Bei Schizophrenie gerät nicht nur Dopamin außer Kontrolle. Anscheinend entgleisen auch die Systeme für Serotonin und Noradrenalin. Manche Forscher vermuten, dass die Wahnvorstellungen teilweise auf eine beständige mangelhafte Hemmung von Acetylcholin zurückgehen. Über die Auswirkungen von Störungen beim Serotonin und Noradrenalin geben Befunde an Manisch-Depressiven Auskunft. Auch diese Patienten halluzinieren manchmal.
Wahrscheinlich herrscht im manischen Zustand ein Übermaß an Noradrenalin und im depressiven ein Mangel. Auch bei krankhaften Angststörungen, die mit eingebildeten Bedrohungen einhergehen können, spielt zu viel Noradrenalin eine Rolle.
Es gibt Fallberichte, die eine Psychose erlebten, bei der eine krankhaft Nebennierenfunktion durch einen Tumor eine erhöhte Mengen an NA verursachte. Kurz nach der Operation zur Entfernung des Tumors sank NA und ihre Psychose verschwand.
Noradrenalin, Halluzinationen und Drogen
Für die Beteiligung von Noradrenalin an psychotischen Halluzinationen spricht auch, dass Kokain, das Gesunde in niedriger Dosis wach und aktiv macht, bei ihnen den Abbau von Noradrenalin verlangsamt. Die starke Wirkung von Drogen beruht auf ihrer Ähnlichkeit zu bestimmten Neurotransmittern. Meskalin ähnelt chemisch dem Noradrenalin und dem Dopamin.
Noradrenalin und positive, negative, kognitive Symptome und Depression
Eine Biomarker-Studie zeigte, dass erhöhte NA mit kognitiver Desorganisation, schlechter Impulskontrolle, Misstrauen, Feindseligkeit und Halluzinationen verbunden sein können. Studien zu Blut und Liquor von Personen mit Schizophrenie legen nahe, dass NA bei der Krankheit erhöht ist.
(+)
Im Allgemeinen werden positive Symptome durch NA-Agonisten wie Yohimbin (Yohimbin ist eine vornehmlich in den Blättern und der Rinde des Yohimbe-Baumes) verschlimmert und durch funktionelle NA-Antagonisten wie Clonidin und Oxypertin gelindert. Die Ergebnisse deuten auch darauf hin, dass NE-Manipulation möglicherweise die mit Schizophrenie verbundenen positiven Symptome beeinflussen kann.
(-)
Darüber hinaus wurde gezeigt, dass zusätzliche AD, die die NA-Aktivität verändern (z. B. Duloxetin), negative Symptome lindern, was darauf hindeutet, dass NA eine Rolle in der Pathophysiologie bei Depression und der Schizophrenie spielen könnte.
(k)
Die Phänomenologie der Schizophrenie, insbesondere die kognitiven Symptome, kann durch eine abnormale Wechselwirkung zwischen genetischer Anfälligkeit und stressbedingter NE-Dysfunktion erklärt werden. Die noradrenergen Neuronen wurden mit der Wahrnehmung in Verbindung gebracht. Eine Möglichkeit besteht darin, dass die beeinträchtigte kognitive Funktion bei Schizophrenie teilweise durch eine veränderte NA-Freisetzung verursacht wird.
(D)
Bei Depressionen besteht häufig ein Mangel an verschiedenen Transmittersubstanzen (Dopamin, Noradrenalin und Serotonin).
Fazit:
Jüngste klinischen Studien und anderen Berichten am Menschen zeigten, dass NA und NA-Rezeptoren sowie Arzneimittel, die über diese Rezeptoren wirken, im Allgemeinen eine wichtige Rolle bei negativen Symptomen und kognitive Systeme im Zusammenhang mit Depression und Schizophrenie spielen.
Bei Schizophrenie geht man allgemein davon aus, dass die Blockierung von NA-Rezeptoren, wie α 1 -ARs positive Symptome unterdrückt, während die Blockierung von α 2 -ARs negative und kognitive Symptome lindert.
Die Heterogenität der Krankheit spiegelt sich jedoch in Studien wider, die gezeigt haben, dass die Gehirnkonzentrationen von NA bei Patienten mit Schizophrenie zwischen den Populationen variieren.
Behandlung:
Glycin ist ein Neurotransmitter und hat eine entspannende und entkrampfende Wirkung auf die Muskulatur. Der kanadische Orthomolekularmediziner J.E.Prousky hat 2005 einen Newsletter zur orthomolekularen Behandlung von Angststörungen publiziert. Darin erwähnt Prousky, dass Glycin wahrscheinlich die Freisetzung von Noradrenalin im Gehirn hemmen kann, wodurch die Entstehung von Ängstlichkeit und Panik sowie eine Übererregbarkeit gedämpft werden.
Der Vitamin-C-Bedarf ist bei einer vermehrten Ausschüttung von Adrenalin und Noradrenalin sehr hoch. Eine unzureichende Vitamin-C-Versorgung führt zu einer reduzierten Stresstoleranz. Vitamin C kann in einem gewissen Umfang die Stressreaktion des Organismus ausgleichen. In einer Studie an 42 Hochschulstudenten wurde untersucht, inwieweit eine Vitamin-C-Supplementierung Ängstlichkeitssymptome beeinflusste. Eine Supplementierung von 500 mg Vitamin C über einen Zeitraum von zwei Wochen führte zu einer Verminderung von Ängstlichkeitssymptomen.
Magnesium hat auf das Nervensystem vor allem beruhigende Wirkungen: Erste Studien liefern Hinweise darauf, dass es die Ausschüttung der Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin aus der Nebenniere vermindert. Magnesium dämpft so nicht nur die unbewussten Stressfolgen (wie Herzschlag, Blutdruck und Muskelspannung), es nimmt auch Einfluss auf die seelische Stressreaktion.
Ein Mangel an Vitamin B6 führt zu einer Überfunktion des noradrenergen Systems, was zu sozialen Defiziten und kognitiven Beeinträchtigungen führt. Die Hemmung der übermäßigen NA-Freisetzung durch Behandlung mit B6-Supplementierung im Gehirn unterdrückte die erhöhte NA-Ausschütung und verbesserte die Verhaltensdefizite. Diese Ergebnisse legen nahe, dass Verhaltensdefizite durch eine Verstärkung des noradrenergen (NAergen) Systems verursacht werden. Die Hemmung der übermäßigen NA-Freisetzung durch Behandlung mit VB6-Supplementierung verbesserte die Verhaltensdefizite. (6)
Studien und Quellen:
(1) https://www.spektrum.de/magazin/wenn-d…nationen/827029
(2) Is elevated norepinephrine an etiological factor in some cases of schizophrenia?
Paul J Fitzgerald, 2014
(3) The role of norepinephrine in the pathophysiology of schizophrenia
Verónica Mäki-Marttunen , Ole A Andreassen , Thomas Espeseth, 2020
(4) The Role of Norepinephrine and Its α-Adrenergic Receptors in the Pathophysiology and Treatment of Major Depressive Disorder and Schizophrenia: A Systematic Review
Vladimir Maletic, Anna Eramo, Keva Gwin, Steve J. Offord and Ruth A. Duffy3, 2017
(5) Vitamin B6 deficiency hyperactivates the noradrenergic system, leading to social deficits and cognitive impairment
Kazuya Toriumi , Mitsuhiro Miyashita , Kazuhiro Suzuki , Nao Yamasaki, 2021