Positivsymptome:
Als Positivsymptome bezeichnet man Übersteigerungen und starke Fehlinterpretationen des normalen Erlebens bis hin zu manifesten chronischen Halluzinationen. Sie können, je nach Schwere der Erkrankung, unterschiedliche Formen annehmen.
Schizophrenien mit überwiegend positiven Symptomen beginnen oft plötzlich, und es gibt oft vorher keine nach außen auffälligen Merkmale. Der Krankheitsverlauf ist hierbei eher günstig.
Charakteristische Positivsymptome sind inhaltliche Denkstörungen, Ich-Störungen, Sinnestäuschungen und zudem motorische Unruhe. Typisch für die inhaltlichen Denkstörungen ist Wahnbildung. Häufig treten akustische Halluzinationen (Akoasmen) auf: Etwa 84 % der an einer schizophrenen Psychose Erkrankten nehmen Gedanken wahr, deren Ursprung von den Betroffenen außerhalb verortet wird (Stimmen hören). Befehlende (imperative) sind dabei selten. Häufig hingegen haben Betroffene den Eindruck, durch fremde Stimmen beleidigt zu werden. Ein solches Erleben kann für die Betroffenen allein und inmitten von Sätzen, die umstehende Menschen sagen, auftreten.
Für den Laien wird eine psychotische Schizophrenie zumeist an der Wahnsymptomatik erkennbar: Ein Betroffener kommt im Zuge seines Erlebens beispielsweise zu dem Schluss, von Außerirdischen oder Geistern aus dem Jenseits beobachtet zu werden (Verfolgungswahn), dass Nachbarn oder andere ihn schädigen wollen, dass seine Gedanken von anderen gehört werden können oder dass er aufgrund früherer Sünden Schuld an Naturkatastrophen trage. Häufig ist auch die wahnhafte Überzeugung, dass im Kopf ein Chip oder Ähnliches implantiert sei, mit dem die Gedanken oder das Handeln kontrolliert oder sogar gesteuert würden.
Wahn bedeutet eine unerschütterliche Überzeugung, die auch durch Fakten nicht zu widerlegen ist, und ist dadurch gekennzeichnet, dass die eigene Person wesentlich darin verwickelt ist; für den Betroffenen besteht eine Gewissheit, dass das wahnhaft Vorgestellte tatsächlich geschieht.
Zu den Ich-Störungen zählen Gedankeneingebung (Gedanken werden eingegeben und nicht selbst gedacht), Gedankenausbreitung (Andere denken die eigenen Gedanken mit), Gedankenentzug sowie Gefühle, Handlungen oder Impulse, die als fremdgemacht empfunden werden.
Negativsymptome:
Als Negativsymptome oder Minussymptome bezeichnet man die Einschränkungen des normalen Erlebens. Die Minus-Symptomatik ist gekennzeichnet durch einen Wegfall früher vorhandender Persönlichkeitsmerkmale.
Schizophrenien, die mit Negativsymptomatik einhergehen, beginnen oft schleichend, und der Krankheitsverlauf ist eher ungünstig. Mit zunehmender Krankheitsdauer verstärken sich üblicherweise die Negativsymptome.
Zu ihnen gehören „dynamische Entleerung“, „kognitive Defizite“ (kognitiv: Auffassung und das komplexe Denken betreffend) sowie „motorische Defizite“, also etwa eine Reduzierung von Mimik und Gestik. Negativsymptome können schon Monate oder Jahre vor den akuten psychotischen Symptomen auftreten [„Knick in der Lebenskurve“, „Vorauslaufender Defekt“]. Als initiale Symptome einer Schizophrenie treten sehr oft Schlafstörungen auf, nicht selten auch depressive Symptome.
Bei etwa zwei Dritteln der an Schizophrenie Erkrankten überdauern die Negativsymptome die Positivsymptome nach einem akuten Schub [„schizophrener Defekt“, „Residualzustand“, „Residualsymptomatik“]. Diese unterschiedlich ausgeprägten Einschränkungen führen zu Kontaktstörung, sozialem Rückzug und oft auch zu Invalidität. Ein gewisser Prozentsatz der an Schizophrenie Erkrankten entwickelt jedoch keine Residualsymptomatik.
- „Dynamische Entleerung“: Dies kann einen Mangel an Motivation zu Aktivitäten mit resultierender Antriebsarmut, defizitäre Zukunftsplanung, bis hin zu weitgehender Perspektivlosigkeit umfassen. Im weiteren Sinne könnten auch depressive Symptome hier zugeordnet werden. Oft kommt es zur typischen Affektverflachung. Die Betroffenen reagieren gemütsmäßig nur eingeschränkt auf normalerweise bewegende Ereignisse, erscheinen durch Erfreuliches wie Unerfreuliches wenig berührt. Die normale Schwingungsfähigkeit zwischen verschiedenen affektiven Zuständen (Freude, Neugier, Trauer, Wut, Stolz, …) geht verloren.
- „Kognitive Defizite“: Das Denken wird kurzschrittig; mehrschichtige Zusammenhänge werden in ihrer Komplexität nicht mehr begriffen. Das Schreiben von Texten, die mehrgliedrige Kausalverkettungen enthalten, gelingt nicht mehr („Verkürzung der Spannweite des intentionalen Bogens“). Der sprachliche Ausdruck verarmt. In zugespitzten Fällen können Perseveration (stereotypes Wiederholen eines Wortes oder Gedankens) oder Idiolalie auftreten.
- „Motorische Defizite“: Die Mimik, aber auch das Bewegungsspiel für Gestik, ist reduziert. Motorische Einengung kann auch Spracharmut (Alogie) umfassen. Diese Defizite lassen den Erkrankten oft abweisend erscheinen, kontaktgestört. Diese Distanz lässt sich durch Zuwendung überbrücken, die von den Erkrankten in der Regel dankbar angenommen wird, auch wenn sie das durch Mimik und Gestik nicht zeigen können. Die Verarmung der Psychomotorik lässt die affektive Resonanz stärker beeinträchtigt erscheinen, als sie es ist. Werden die Patienten also nicht gerade auf einen verfestigten Wahn angesprochen, sind sie zumeist empfänglich für Empathie.
Nach Abklingen einer akuten Krankheitsphase bei einer schubförmig verlaufenden Schizophrenie folgt gelegentlich eine vorübergehende depressive Episode („depressive Nachschwankung“).
Unterschieden werden sollte zwischen echten Negativsymptomen und den Nebenwirkungen der Therapie mit einem Neuroleptikum. Die Nebenwirkungen von Neuroleptika können das Vorliegen einer Negativsymptomatik imitieren.