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ORTHOMOLEKULARE MEDIZIN:
Wirkstoffe bei kognitiven Symptomen
Menschen mit Schizophrenie haben eine erhebliche Beeinträchtigung der gesamten kognitiven Leistungsfähigkeit, die im Durchschnitt deutlich unter der bei Gesunden liegt. Diese Defizite können besorgniserregende Merkmale der Schizophrenie sein und ihre Funktionsfähigkeit in der realen Welt beeinträchtigen, wobei fast 98 % der Personen mit Schizophrenie unter kognitiven Defiziten leiden. Diese Defizite können zu Arbeitslosigkeit führen und zur Unfähigkeit unabhängig zu leben. (1)
Was sind kognitive Symptome?
Kognitive Defizite führen zu Beeinträchtigungen bei
- Verarbeitungsgeschwindigkeit,
- Aufmerksamkeit,
- Wachsamkeit,
- Arbeitsgedächtnis,
- verbalem Lernen,
- visuellem Lernen,
- logischem Denken,
- Problemlösung und
- sozialer Kognition
Bei einigen Menschen sind die kognitiven Symptome der Schizophrenie subtil, während sie bei anderen schwerwiegender sind.
Es gibt schlechte „Exekutivfunktionen“ d.h. die Fähigkeit ist eingeschränkt, Informationen zu verstehen und sie für das Treffen von Entscheidungen zu nutzen. Zudem gibt es Konzentrations- oder Aufmerksamkeitsstörungen und Probleme mit dem „Arbeitsgedächtnis“ , d.h. mit der Fähigkeit, Informationen unmittelbar nach Erhalt zu nutzen.
Kognitive Störungen dieser Art sind ein zentraler Symptomkomplex der Schizophrenie und ihre Ausprägung sagt am besten voraus, wie gut Betroffene ihren Alltag bewältigen können. Das Denken kann kurzschrittig werden, oder mehrschichtige Zusammenhänge in ihrer Komplexität nicht mehr begriffen werden. Der sprachliche Ausdruck verarmt. In zugespitzten Fällen können stereotypes Wiederholen eines Wortes oder Gedankens oder unverständliche Laute auftreten.
Defizite in der sozialen Kognition sind auch bei Personen mit Schizophrenie offensichtlich. Soziale Kognition hat auch einen großen Einfluss auf die Funktionsfähigkeit.
Darüber hinaus wird angenommen, dass negative und kognitive Symptome eng miteinander verbunden sind und sich gegenseitig verstärken können. Beispielsweise kann eine beeinträchtigte exekutive Funktion zu einem verminderten zielgerichteten Verhalten führen, was zu Antriebsstörung (Avolition) führt. Avolition bezeichnet die Unfähigkeit, zielgerichtete Handlungen zu beginnen und aufrechtzuerhalten. Eine Beeinträchtigung des Gedächtnisses kann zur Alogie beitragen. Alogie bezeichnet Denkstörungen mit vermindertem Sprechen oder Verarmung des Sprachinhalts. (2)
Behandlung ?
Alle derzeit zugelassenen pharmakologischen Behandlungen für Schizophrenie entfalten ihre Wirkung über den Antagonismus des Dopamin-D2-Rezeptors. Dieser Wirkmechanismus ist wirksam bei Symptomen, von denen angenommen wird, dass sie durch eine übermäßige Dopaminsignalisierung verursacht werden, wie etwa Halluzinationen und Wahnvorstellungen.
Antipsychotika haben jedoch kaum Einfluss auf kognitive Beeinträchtigungen bei Schizophrenie, weil diese mit anderen Botenstoffsystemen zusammenhängen. Im Gegenteil: Das dopaminerge-cholinerge Gleichgewicht gilt als wesentlich für die kognitive Leistungsfähigkeit bei Schizophrenie und Patienten werden häufig mit vielen Medikamenten mit anticholinergen Eigenschaften behandelt, was zu einer Verschlechterung der kognitiven Symptome durch Antipsychotika führt.
"Die anticholinergen Wirkungen vieler psychotroper Medikamente wirken sich eindeutig nachteilig auf die kognitive Funktion aus, und eine Reduzierung der Dosis anticholinerger Medikamente, die zur Linderung extrapyramidaler Nebenwirkungen von Antipsychotika eingesetzt werden, kann die kognitive Funktion bei Schizophrenie verbessern" (4)
Behandlungsziele bei kognitiven Symptomen sind:
- Glutamat
- Acethylcholin
- GABA
- Entzündungen des Zentralnervensystems
Eine Behandlung kann mit verschiedenen Wirkstoffen, wie z.B. Aminosäuren und Hormonen erfolgen, die auf die verschieden Botenstoffsysteme wirken. Negative und Kognitive Symptome hängen auch biochemisch zusammen. Wirkstoffe für negative Symptome, wie Glycine und D-Serin, die auf Glutamatrezeptoren wirken, haben auch Besserungen der kognitiven Symptome zur Folge. Oder NAC, welches durch seine entzündungshemmende Eigenschaft negative Symptome lindern kann, senkt damit auch kognitive Symptome. Diese Wirkstoffe sind im Artikel "ORTHOMOLEKULARE MEDIZIN BEI PSYCHOSEN UND SCHIZOPHRENIE: 10 Wirkstoffe bei negativen Symptomen." aufgelistet.
Da Schizophrenie bei jedem anders ausgeprägt ist, können die verschiedenen Dysfunktionen der Botenstoffe oder Entzündungen im Labor untersucht werden, damit gezielt Wirkstoffe eingesetzt werden können. Dies kann bei einem Orthomolekular-Mediziner geschehen. Oder man testet selbst, welche Substanzen eine gute Wirkung haben.
Während die Besserung bei positive und negativen Symptomen bei ca. 20% lag, zeigte die Gabe von Aminosäuren im Durchschnitt kleine bis mittlere Effekte bei kognitiven Symptomen. Zitat aus eine Patentanmeldung für ein antipsychotischen Medikament auf Basis von D- Serin und D- Alanin:
""In diese Studie wurden 37 Patienten aufgenommen, bei denen Schizophrenie diagnostiziert worden war. Alle Patienten erfüllten die Kriterien für Schizophrenie. Alle Patienten reagierten nur geringfügig auf eine Behandlung mit anderen antipsychotischen Arzneimitteln und waren mindestens 3 Monate vor der Aufnahme in die Studie mit einer gleich bleibenden Dosis eines antipsychotischen Arzneimittels behandelt worden.
Unter doppelblinden Bedingungen wurden Patienten willkürlich Gruppen zugewiesen, die über einen Zeitraum von 6 Wochen einmal täglich oral Placebo (Fruchtsaft), D-Serin (30 mg/kg/Tag), D-Alanin (60–100 mg/kg/Tag) oder N-Methylglycin (30 mg/kg/Tag) erhielten.
Die Behandlung mit D-Serin, D-Alanin oder N-Methylglycin verbesserte die Schizophreniesymptome und kognitiven Defizite der Patienten.
- Genauer gesagt führte die Behandlung mit D-Serin zu einem 21%igen Rückgang der negativen Symptome (auf der SANS-Skala) und sie führt zu einem 17%igen Rückgang der positiven Symptome (auf der positiven Unterskala von PANSS).
- Die Behandlung mit D-Alanin führte zu einem 11%igen Rückgang der negativen Symptome und einem 12%igen Rückgang der positiven Symptome.
- Die Behandlung mit N-Methylglycin führte zu einem 20%igen Rückgang der negativen Symptome und einem 15%igen Rückgang der positiven Symptome.
Dieser Rückgang der negativen und positiven Symptome stellte eine klinisch signifikante Verbesserung dar. Die Behandlung mit D-Serin, D-Alanin und N-Methylglycin verbesserte jeweils auch die Kognition, wie unter Verwendung der kognitiven Unterskala von PANSS und dem Wisconsin Card Sort Test ermittelt. Diese Ergebnisse zeigen an, dass D-Serin, D-Alanin und N-Methylglycin bei der Behandlung der Schizophrenia selbst bei Patienten, die eine geringe Reaktion auf die Behandlung mit herkömmlichen antipsychotischen Arzneimitteln zeigen, wirksam ist.
Unter Verwendung der UKU-Skala zur Beurteilung von Nebenwirkungen wurden nach der Behandlung mit D-Serin, D-Alanin oder N-Methylglycin keine Nebenwirkungen festgestellt. Darüber hinaus zeigten sich keine neu entwickelten Spätdyskinesien oder eine Verschlechterung von extrapyramidalen Symptomen oder Akathesiesymptomen. Somit bieten D-Serin, D-Alanin und N-Methylglycin Vorteile gegenüber zahlreichen herkömmlichen Arzneimitteln zur Behandlung von Schizophrenie, da sie keine signifikanten Nebenwirkungen verursachen." (5)
Eine Meta-Analyse von 2018 kam zu dem Ergebnis: "Insgesamt wurden 93 Studien mit 5630 Patienten eingeschlossen. Kognitive Verstärker zeigten, wenn sie über alle verschiedenen Neurotransmittersysteme hinweg kombiniert wurden, die auf eine große Anzahl verschiedener Mechanismen einwirken, eine signifikante (jedoch kleine) positive Effektgröße von 10% für die Gesamtkognition ... Bei der separaten Analyse jedes Neurotransmittersystems zeigten Wirkstoffe, die vorwiegend auf das glutamaterge System wirken, einen kleinen signifikanten Effekt auf die Gesamtkognition sowie auf das Arbeitsgedächtnis. Eine Unteranalyse von Cholinesterasehemmern (ChEI) zeigte einen geringen Effekt auf das Arbeitsgedächtnis"(3)
Hier nun eine Liste von 10 Wirkstoffen, die in Studien bei kognitiven Symptomen signifikante Besserungen bewirkten und auf Acethylcholin- und Glutamat-Rezeptoren abzielen. Es folgt eine Serie von Artikeln über diese Wirkstoffe. Welche davon am besten untersucht sind und welche Stärke sie gezeigt haben, kann dann im einzelnen erfahren werden. Die Reihenfolge der Wirkstoffe sagt nichts über die Stärke aus, da sie individuell unterschiedlich wirken.
KOGNITION |
1. Citicolin (CDP-Cholin) (k) (-) (D) |
2. L-Carnosin (k) (-) |
3. D-Alanin (+) (-) (k) |
4. Tryptophan (k) (D) (Ä) |
5. Taurin (k) (Ä) |
6. Phenylalanin (k) (D) (S) |
7. Lutein (k) |
8. Lithiumorotat (k) (D) |
Ausgewertete Studien und Quellen:
(1) Cognitive impairment in schizophrenia: aetiology, pathophysiology, and treatment
Robert A. McCutcheon, Richard S. E. Keefe & Philip K. McGuire, 2023
(2) Cognitive Deficit in Schizophrenia: From Etiology to Novel Treatments
Antón L. Martínez,, José Brea, Sara Rico, María Teresa de los Frailes, and María Isabel Loza, 2021
(3) Efficacy of different types of cognitive enhancers for patients with schizophrenia: a meta-analysis
Igne Sinkeviciute, Marieke Begemann, Merel Prikken, Bob Oranje, Erik Johnsen, Wan U. Lei, Kenneth Hugdahl, Rune A. Kroken, Carina Rau, Jolien D. Jacobs, Silvia Mattaroccia & Iris E. Sommer, 2018
(4) Cognitive impairment in schizophrenia: aetiology, pathophysiology, and treatment
Robert A. McCutcheon, Richard S. E. Keefe & Philip K. McGuire
Molecular Psychiatry, 2023