
Ich habe seit meiner Kindheit immer viel gelesen. Als Kind schwänzte ich oft die Schule, damit ich lesen konnte. Ich habe dadurch die Mathematik nicht mehr verstanden, aber was soll's. Mit Vierzehn hatte ich schon 300 Bücher. Im Grunde genommen habe ich die halbe Kindheit mit Lesen verbracht. Als ich mit Anfang Zwanzig psychisch krank wurde, habe ich jahrelang so gut wie gar nichts mehr gelesen. Aus dieser Zeit ist mir nur die Comiclektüre in Erinnerung. Mit dem beginnenden Studium, das war so gegen 2002, war ich gezwungen, sehr viel Fachlektüre zu meistern, was mir dann auch gelang. Für Prosa war da keine Zeit mehr. Da ich Theaterwissenschaft studiert habe, kam es wenigstens zu viel Lektüre von Stücken. Seit meiner Verrentung gab es unterschiedliche Phasen. Oft habe ich gelesen und oft hatte ich dafür nicht die nötige Konzentration. Das hat mich dann sehr gequält, weil ich lesen wollte, es aber nicht ging. Meine Bibliothek ist mittlierweile auf 2.500 Bücher angewachsen. Ich weiß kaum mehr, wohin mit den Büchern. Heute habe ich ein für mich normales Lektüreverhalten entwickelt, für meinen neuen Roman brauche ich zum Beispiel viel Fachlektüre. In meinem Buch geht es um eine Psychiatrie, die Handlung spielt 2035 und ich lese dafür psychiatrische Fachbücher. Neulich habe ich mich schon scherzhaft für einen Psychiater gehalten. Comics lese ich auch heute noch, weil ich finde, dass man sich das Kind im Manne bewahren sollte. Humor muss sein, Comics sind Pflicht. Ich lese auf einem harten Stuhl in der Küche, weil ich nicht zu bequem sein will. Auch heute noch habe ich oft keine Konzentration. Das beschäftigt mich dann sehr, weil ich es für sehr ungerecht halte, nicht lesen zu können. Das Problem ist, was Lektüre betrifft, lebe ich hier in einer Diaspora, meine Nachbarn sind alle kulturfremd. Ich empfange deswegen viel Hass, Häme und Missgunst, weil manche Leute glauben, das Lesen wäre ein Makel. Trotzdem bin ich optimistisch und freue mich auf jede anständige Lektüre.
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