ERFAHRUNGSBERICHT: Wie Selbstdisziplin, Anstrengung und Arbeit mein Leben mit Schizophrenie veränderte.
"Ich schreibe selten über mich und "verstecke" mich lieber hinter Forschungsberichten, auch in dem Wunsch damit eine bessere Hilfe leisten zu können. Ich möchte jedoch etwas über mich und den Sinn und Nutzen von Selbstdisziplin, Anstrengung und Arbeit schreiben, in der Absicht, dass meine Fehler eine Hilfe für andere sind, diese nicht zu begehen. Jeder wird jedoch entsprechend seiner Stärken und Schwächen seinen eigenen Weg gehen, darin liegt die individuelle Lösung und berechtigte Hoffnung Psychosen und Schizophrenie zu heilen.
2002 hatte ich meine erste Psychose, ich war in der Umweltforschung beschäftigt. Danach ging es energetisch bergab. Ich habe nicht begriffen, warum ich mich zu irgend etwas anstrengen sollte. "Zudem bin ich auch krank und kann gar nicht richtig arbeiten", sagte ich mir. Das stimmte auch irgendwie.
Es war auch nicht so, dass mir weise Menschen, nicht auch helfen wollten und mich freundlich auf den Sinn von Arbeit hingewiesen haben. Ich habe dann meist eine große Ablehnung gespürt, so wie es für schizophrene Menschen und Narzissten bei Kritik üblich ist. So kann ich mir nun auch gut vorstellen, dass Artikel über "Arbeit" ungern gelesen werden.
Ich habe 20 Jahre meist das getan wozu ich Lust hatte, hatte einige Minijobs und meist ehrenamtlich gearbeitet, aber auch nur für eine kurze Zeit. Sobald es schwierig wurde habe ich aufgehört und wurde immer schwächer und schwächer. Nach der Umweltforschung habe ich mich selbständig gemacht und habe hübsche Buddha-Kunstdrucke aus tibetischen Thankas (handgemalte Gemälde) hergestellt, auch gerahmt und online und in Geschäften verkauft. Nach 2 Jahren mit mäßigem Erfolg, habe ich dann ehrenamtlich für einen EINE WELT LADEN einen Online Shop verwaltet, dann bei einem Freund in einem syrischen Imbiss als Koch und Bedienung gearbeitet, gefolgt von meist ehrenamtlichen Tätigkeiten in Küchen im Seniorenheim oder als Stationsservice im Krankenhaus. Danach 2 Jahre Yogalehrer wieder in der Selbständigkeit, Pizzafahrer, Badewart, Sicherheitsdienst. Aber immer nur kurz und wenn mir etwas nicht gefallen hat oder ich keine Lust mehr hatte oder ich reisen wollte habe ich ich gekündigt.
Dann habe ich ehrenamtlich in Meditationszentren und Klöstern in England, Indien, Sri Lanka, Myanmar gearbeitet, hauswirtschaftliche Tätigkeiten. Bis mich die extrem viele Meditation, die hohen Energie an diesen Orten und mein Leben nach Lust und Laune energetisch komplett ruinierte und mich in Psychosen stürzte.
Meine letzte Psychose Januar-März 2022, also vor 1,5 Jahren brachte mich an den Rand des Suizids. Ich hatte schwere Verfolgungsängste, und konnte nicht mehr in der Wohnung oder im Garten sein. Ich bin geflüchtet, nach Ägypten und auf einen Bauernhof bis ich im April dann völlig ausgebrannt und kraftlos nur noch 8 h auf dem Sofa liegen konnte und Videos schauen. Ich hatte meine volle Erwerbsminderungrente, einen Betreuer (ambulant betreutes Wohnen) und schon einen Platz im Wohnheim für psychisch belastete Menschen. In der letzen Phase der Psychose war mein Leben so sinnlos geworden, dass ich mich, als der Krieg in der Ukraine ausbrach, beim Roten Kreutz und anderen Freiwilligendiensten als Sanitäter gemeldet habe um an der Front zu helfen. Ich hatte schon ein Krankenhaus gefunden, war aber letztendlich zu schwach um die Reise zu beginnen.
Nach einer kurzen aber inspirierenden Zeit mit einer Gartenfreundin, war mir klar, ich muss hart arbeiten um zu gesunden. Ich habe dem Wohnheim abgesagt, den Betreuer gekündigt und habe planmäßig mein Leben nach Gesundheitskriterien strukturiert. Nur gesunde Dinge tun, war mein Ziel und meine Arbeit. (Siehe Artikel Oktober 2022: Letzter Schub Dez - März 22. Was mir jetzt zur Gesundung hilft.) In der Natur wohnen, eine feste Tagesstruktur, mich leicht aber konstant fordern, kontinuierlich steigern (Prinzip die 1% Methode), gesunde Ernährung, Yoga, Waldlauf, Arbeit als Reinigungskraft, Gartenarbeit usw.
Ich weiß noch, dass ich anfangs nur 15 min putzen konnte oder 30 min. im Garten arbeiten und dann eine Pause brauchte. Ich habe mir einen kleinen Coutdowntimer gekauft, mein bester Freund und Aufpasser, dass ich wenigsten diese Zeiten einhalte. Ich bin Joggen gegangen, erst nur 30 Spaziergang mit 2 min laufen, Pause, ...laufen , Pause....Bis ich dann 45 min Joggen konnte und 2 h putzen am Tag im Fitnesscenter. Jetzt arbeite ich seit Mitte Februar im Seniorenheim als Reinigungskraft 20 h in der Woche und habe mich gestern auf eine Arbeitsstelle als Pflegehilfskraft beworben. Ich muss schauen, dass ich mich nur langsam steigere, so wie es auch das letzte Jahr funktioniert hat. Ich muss natürlich auch aufpassen und vorsichtig bleiben, dass ich mich nicht überfordere.
Nach 20 Jahren Abwärtstrend, habe ich nun erst begriffen, dass ich mich anstrengen muss. Gegen meine Neigungen arbeiten, tun was ich nicht möchte. Nicht was ich nicht will, nur das was ich nicht möchte. Also kein Zwang und Druck sondern nur ein leichtes , fast angenehmes bewegen aus der Komfortzone. Ein gegen den Strom schwimmen, ein leichtes bergauf gehen, Tag für Tag. Das ist der einzige Weg nach oben, raus aus dem Tal des Leidens. Und nicht, wie früher, aufgeben sollte es mal schwer werden. Das war ein großer Fehler. Denn das Durchstehen und die Konstanz bringt den Energiegewinn. UND ENERGIE IST ALLES vorauf es bei der Gesundung und Heilung ankommt. Das habe ich jetzt verstanden.
Energie heißt Ausdauer, Belastbarkeit, Kraft und Stärke, Selbstvertrauen, Vitalität und Stabilität, Freude bei der Arbeit, Freude Geben zu können, ein neues bereicherndes soziales Umfeld sind die Folge und Sinn und Zufriedenheit im Leben.
Mein Fazit:
Wir leben in einer Zeit, in der Kleinkinder vor dem Computer aufwachsen und sich das Leben in den sozialen Medien abspielt. Den Menschen fehlt zunehmend die Verankerung im Körper, die Verbindung zu sich selbst, einer Gemeinschaft und der Umwelt/Natur. In einer Umfrage nennen 80% der schizophrenen Menschen "Isolation und Einsamkeit" als Symptom.
Statusdenken, hebt geistige über körperliche Arbeit. Abitur und Studium ist angesagt. Menschen leben zunehmend im Kopf, in den Gedanken. Die Verbindung reißt zur realen Welt, wie es auch in einer Psychose verschärft zum Ausdruck kommt. Ein nicht geerdet sein und Isolation, verschlechtern die psychotischen Symptome. Körperliche Arbeit gemeinsam mit anderen Menschen ist daher eine gute Berufswahl für Menschen mit Schizophrenie.
Schwierigkeiten mit sich selbst, insbesondere mit der Motivation und den Kollegen sind stets ein Teil der Arbeit und ganz natürlich. Sie nur dazu da, überwunden und damit stärker zu werden. Wer keine Schwierigkeiten durchstehen kann, wird es schwer haben zu gesunden. Denn diese Probleme sind Ausdruck der Krankheit und kommen glücklicher Weise u.a. bei der Arbeit an die Oberfläche und können abgetragen werden. Arbeit ist eine besondere Art der Psychotherapie. Wer sich ängstlich davor drückt, wird sich selbst in seiner Negativität gefangen halten und schwach und schwächer werden. Sich fordern und langsam steigern, Schritt für Schritt ist daher guter Weg zur Gesundung.