Will euch mal etwas über meine Praktikumszeit auf einer Wohnstätte für chronisch psychisch kranke Menschen erzählen. Die ich während meiner Ausbildung zur Ergotherapeutin drei Monate absolviert hatte.
In dieser Institution werden Klienten, von 20- 60 Lebensjahren, mit vorwiegend depressiven und schizophrenen Erkrankungen, betreut. Auch werden sie dort, nachdem sie stationär hospitalisiert wurden, auf eine nächstmögliche selbständige Lebensweise vorbereitet. Das bedeutet, ein möglichst frei bestimmendes Leben, auf einer WG bzw. in einer eigenen Wohnung, führen und dies idealerweise im gewohnten Umfeld.
Meine Aufgaben waren vor allem, ADL- Training (Aktivitäten des täglichen Lebens), gemeinsames Kochen, Sport und Krisenintervention (präventative Massnahmen, wie Gespräche führen, Time Out, um die Eigen- und Fremdgefährdung auszuschliessen). Natürlich auch Korbflechten und Beschäftigungsarbeiten, für alle von euch, die zu uns Ergos “Basteltanten” sagen!
Ich erinnere mich an einen jungen Mann, dessen Anamnese (Krankheitsvorgeschichte) ich nur kurz wiedergeben will. Dieser hatte mit 19 Jahren seine erste Psychose, welche sich auf Grund seiner Selbsttherapie, mit Drogen und Alkohol, jedoch verschlimmerte.
Nach seinem ersten Suizidversuch diagnostizierten ihm die Ärzte Schizophrenie. Nach stationärer Therapie gelang es ihm, in der Wohnstätte, eine Ausbildung im Baugewerbe zu machen.
Aber was das Beste war, er lernte mit seiner Krankheit umzugehen. Gemeinsam mit seinem Therapeuten konnte er Strategien entwickeln, wie er mit seinen bedrohlich- empfundenen Stimmen(hören) kontrolliert umgehen kann. Er akzeptierte sie und dadurch vor allem sich selbst.
Im Allgemeinen war dieses Praktikum, verbunden zwar mit allerhand Prüfungsstress, für mich eine aufregende, spannende und herausfordernde Zeit. Wo ich Menschen kennenlernen durfte, wo wirklich das Sprichwort “Genie und Wahnsinn liegen oftmals nah beieinander”, stark zutreffen.
Mit meinem Erfahrungsbericht möchte ich euch Mut machen, ruhig auch eure Erlebnisse mit anderen zu teilen. Denn egal ob ihr eine medizinisch- therapeutische Ausbildung habt, oder selbst betroffen seit. Es wird Zeit, dass auch psychische Erkrankungen ein Gehör in unserer Gesellschaft finden.
Und man damit lernt, offener, respektvoller und unvoreingenommener umzugehen.