Die Zeit vergeht so schnell. Vor einem Jahr hatte ich mir gewünscht, dass das kommende Jahr schnell vorbeigehen möge. Weil ich meine erste vermisste Katze so vermisst habe. Immer noch tue. Als ich psychotisch war, dachte ich, ich müsste ihr Leben retten und sie in Sicherheit bringen. Ich lief ohne Schuhe und Jacke im kalten Februar mit ihr raus. Wohne ganz in der Nähe eines Krankenhauses, lief dort hin. Jemand, der dort gerade Arbeitskleidung aus einem kleinen LKW lud, fand mich verwirrt vor und ließ mich schnell in die Notaufnahme bringen. Meine Katze sah er wohl nicht, ich hatte sie davor kurz abgesetzt, weil sie so schwer war. Ich dachte, jemand würde sie auch in Sicherheit bringen. In der Klinik hatte ich dann starke Angst um das Leben meiner Katze, die Medikamente wirkten noch nicht, ich war noch psychotisch drauf. Als ich nach drei Wochen etwa wieder klar bei Gedanken war und in der Realität ankam, war ich fix und fertig. Ich kam schließlich erst nach drei Monaten wieder raus. Verteilte dann noch 700 Vermisstenanzeigen in meiner Gegend mit vielen Hochhäusern und hunderten Wohnungen. Eine Frau sprach ich vor einem Haus direkt an und sie berichtete mir, dass sie in der gesuchten Zeit eine Katze rufen gehört, aber nichts gesehen hatte. Seitdem bin ich durch eine starke Trauer gegangen, depressiv verstimmt gewesen. Ich habe mir alles in Gedanken ausgemalt, was sie hätte machen können. Mein Inneres sagt mir, dass sie wohl gestorben ist. Meine Ärztin verschrieb mir aber keine Antidepressive, weil es eine starke Trauerreaktion war und ich immer das beste aus allem machen würde. Ich wäre so tough. Wahrscheinlich nur, weil ich schwierige und traurige Situationen alleine durchlebt und überlebt hatte. Glaube ich zumindest. Lange beschäftigte ich mich damit, wie es soweit kommen konnte. Wo war der Punkt, an dem ich hätte etwas ändern können? Dass ich gar nicht mehr krank geworden wäre? ich hatte damals drei Männer kennen gelernt, und das hatte mir überhaupt nicht gut getan. Ich wollte mich trennen, aber sie schrieben mir immer wieder zurück. Und ich war so naiv und darauf hereingefallen. Es ist meine größte Lektion bisher im Leben, so gut für mich zu sorgen, mich um mich zu kümmern, verantwortlich für mich zu sein, dass ich von Beziehungen um mich herum nicht wieder krank werde. Ja, es gibt Schicksalsschläge und Krisen, durch die man durch muss, aber man kann noch immer etwas gegensteuern. Oder sehe ich es zu verbissen? Ich habe soviel erlebt, dass ich später einmal ein Buch darüber schreiben möchte, wenn ich es denn schaffe. Wenn ich dafür Kraft und Selbstvertrauen finde. Meine Schreibschulter muss auch erst operiert werden, entzündete Stellen im Oberarm. Habe ich in der Coronakrise verschoben. Erstmal bin ich für meine zweite Katze da. Spare extrem viel Geld, um mit ihr zum Tierarzt gehen zu können. Was man mit einer Grundsicherung alles sparen kann. Kaufe keine Bücher mehr, streiche alles von der Wunschliste außer Essen und Nebenkosten. Schreibe und rechne alles aus. Macht auch viel Spaß, zu rechnen. Habe wieder angefangen zu lesen, einen Ratgeber darüber, wie man sich seine beruflichen Wünsche erfüllen kann. Und in Eschbachs Roman habe ich rein gelesen. Früher konnte ich stundenlang lesen und alles um mich herum vergessen. Ich werde alle tun, um nicht mehr psychisch krank zu werden. Alles, was ich tun kann. Mich nicht mehr zu sehr in die Leben anderer einzumischen. Jeder geht seinen Weg und der ist immer verschieden. Bei mir geht es oft ganz schnell, kann schnell traurig oder gut gelaunt werden. Kraft schöpfen und wieder verlieren. Ich vermute, dass ich auch die Konzentrationsstörung ADS habe. Die sind äußerlich ruhig und verträumt, aber innerlich auch unruhig und impulsiv. Manchmal platzen dann bei mir Worte heraus, so dass ich mich nicht richtig halten konnte. Ich bin wieder auf einem Lernweg, mich selber besser einzuschätzen, mich anzunehmen, mit allem, was mich ausmacht, sowohl die guten Züge als auch die Macken und Schwächen. Die ja jeder in sich hat. Ich lasse mir Zeit mit allem. Alles langsam angehen. Zeit und Ruhe habe ich ja zuhauf. Dass es dieses Forum gibt, kann mir Halt geben. Dass man sich hier mitteilen kann, gibt einem schon Kraft. Jedenfalls nehme ich seit dem Unfall meiner Katze die schizophrene Krankheit sehr ernst und hoffe, nicht mehr psychotisch zu werden. Stimmen hören kenne ich gar nicht, nehme auch nur Risperidon ein. Und wenn mich was mitnimmt, dann denke ich nach, schreibe in mein Journal rein, lese, esse, trinke, nehme meine Katze auf den Arm. Gehe durch die Gefühle hindurch. Und dann ist wieder eine Woche vergangen. Bald haben wir Herbst. Manchmal ist das Leben nicht einfach, aber ich lebe gerne.
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