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SERIE | Wirkstoffe der orthomolekularen Medizin bei negativen Symptomen
4. D-Serin
Symptome [Besserung in 6 Wochen gegenüber Placebo] | (G) | (+) | (-) | (k) | (D) | (Ä) | (ST) | (SCH) |
D-Serin | ✓ | 20% | 20% | 10% | 20% | ✓ | 10% | ✓ |
(G) = Gesamtsymptome, (+) = positive, (-) =negative,, (k) = kognitive Symptome, (D)=Depressionen, (Ä)=Ängste, (ST) = Stress, (SCH)= Schlaf
Kurzfassung |
| Serin ist eine natürlich vorkommende Aminosäure und kann vom Körper u.a. aus Glycin herstellt werden. Häufig kommt sie in Sojabohnen und Erdnüssen, aber auch in Getreide und vielen anderen Lebensmitteln vor.
Serin ist wichtiger Bestandteil zahlreicher Enzyme und spielt eine entscheidende Rolle beim Aufbau von Proteinen und Membranen, insbesondere bei Nerven- und Hirnzellen. Diese Aminosäure ist essentiell für die Gehirnfunktionen des Lernens und Erinnerungsvermögens. Ein Mangel führt zu Konzentrationsstörungen und Unaufmerksamkeit. Daher hat Serin einen wichtigen Einfluss auf die Reizleitung und die geistige Leistungsfähigkeit.
Die bisherige Forschung hat gezeigt, dass Menschen mit einer psychotischen Erkrankung niedrige Konzentrationen von D-Serin aufweisen. Eine Unterfunktion des Glutamtsystems, speziell bei den NMDA-Rezeptoren wurde bei Patienten mit Schizophrenie beschrieben. Daher ist D-Serin als Verstärker (Agonist) von NMDA-Rezeptoren im Gehirn von großem Interesse.
Ein erhöhter D-Serin-Spiegel kann positive, negative und kognitive Symptome wie Erkennung und das Gedächtnis verbessern. Eine Forschungsarbeit kommt zu dem Ergebnis:
"Freie Aminosäuren gehören zu den wirksamsten und sichersten verfügbaren Nährstoffen zur Unterstützung der psychischen Gesundheit. Sie sind nicht nur die Bausteine von Proteinen, die dem ZNS Struktur verleihen, sondern sie sind auch entscheidend für die ordnungsgemäße Funktion des ZNS (Zentralnervensystems).
Einige Aminosäuren sind der Schlüssel zur Aufrechterhaltung ausreichender Neurotransmitterspiegel (einschließlich Dopamin, Noradrenalin, Serotonin usw.), wie in dieser Übersicht anhand von D-Serin gezeigt ... Für viele Schizophrenie-Patienten könnte die Aminosäureergänzung eine der durchgängig wirksamsten Therapien sein.
Es wurde die Hypothese aufgestellt, dass D-Serin die Entwicklung von therapieresistenter Schizophrenie verhindern könnte." (1)
Studien zeigten, das die Behandlung mit D-Serin zu einem 20%igen Rückgang der positiven und der negativen Symptome führte. Die kognitiven Symptome verbesserten sich um 10% , Depressionen um 20% und Stress um 10% gegenüber Placebo in 6 Wochen. (4) (6)
Angesichts dieser Erkenntnisse gilt D-Serin als vielversprechende Strategie für die Entwicklung neuartiger pharmakologischer Ansätze zur Behandlung von Schizophrenie.
D-Serin kann als Nahrungsergänzungsmittel verwendet werden und ist rezeptfrei erhältlich. Die bisherige Forschung hat gezeigt, dass D-Serin sehr gut verträglich ist. |
1. Die beschränkte Wirksamkeit von Antipsychotika
Die Mehrheit der schizophrenen Patienten werden mit Antipsychotika behandelt, mit schweren Nebenwirkungen und typischen Folgekrankheiten, obwohl keine eindeutigen Störungen der dopaminergen Neurotransmission gezeigt werden kann, auf die diese Psychopharmaka abzielen.
D.h. 50%–60% der Patienten mit Schizophrenie erzielen nur ein teilweises Ansprechen auf Antipsychotika und weitere 10 %–30 % erfahren keine Wirkung. (Kane et al., 2019).
Bei Patienten mit Psychosen wurde in einer Gehirnregion (Thalamus), die als wichtiger Knotenpunkt Dopamin-Glutamat-Wechselwirkung gilt, eine hohe Dopaminfreisetzung festgestellt. Bei 30- 40% der Patienten, die nicht ausreichend auf Antipsychotika ansprechen und die Kriterien für therapieresistente Schizophrenie erfüllen, ist jedoch kein signifikanter Anstieg der Dopaminkapazität nachweisbar. Das zeigt, dass bei dieser Patientengruppe die neurobiologische Grundlage für das schlechte Ansprechen auf Antipsychotika nicht ausschließlich auf dem Dopaminüberschuss beruht.
In dem Ausmaß, in der ein Überschuss an Dopamin existiert, kann dieser somit nur die Folge von Störungen in anderen Botenstoffsystemen, wie Glutamat oder GABA sein. Eine antidopaminerge Behandlung kann daher, obwohl sie die Symptome kontrolliert, die zugrunde liegenden Krankheitsursachen nicht beheben.
Zudem sind Antipsychotika bei der Verbesserung negativer und kognitiver Defizite, die mit der Bewältigung des Alltags und der Lebensqualität eines Patienten zusammenhängen, relativ unwirksam. Negativsymptome und kognitive Defizite können mit den bisher entwickelten Antipsychotika nicht behandelt werden, im Gegenteil - diese können sogar zu einer Verschlechterung dieser Symptome führen.
Ein hoher Prozentsatz (20 bis 50 %) schizophrener Patienten zeigt fortgesetzt negative und positive Symptome und Denkstörungen trotz Behandlung mit Antipsychotika als Dopamin-blockierende Mittel, was darauf hindeutet, dass neue Ansätze mit Behandlungszielen, wie das Glutamatsystem, notwendig sind.
2. Wirkungsweise
1. Niedriger D-Serin-Spiegel bei Schizophrenie-Patienten
Bei Patienten mit Schizophrenie wurde im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen eine signifikante Verringerung des D-Serin-Spiegels im Gehirnwasser und im Serum festgestellt. Eine postmortale Gehirnstudie ergab auch einen Rückgang der D-Serin-Spiegel und des D/L-Serin-Verhältnisses von Schizophrenie-Patienten um 25 %. (2)
Insbesondere bei Patienten mit therapieresistenter Schizophrenie wurde gezeigt, das abnormale D-Serin-Spiegel im ZNS und im peripheren Blut vorhanden sind.
Eine kürzlich durchgeführte Studie wies außerdem darauf hin, dass eine schlechte Leistung exekutiver Funktionen und kognitiven Defiziten mit einem niedrigeren D-Serin/Gesamtserin-Verhältnis bei schizophrenen Patienten verbunden ist.
2. Gestörtes Glutamat-Botenstoffsystem
Eine gestörtes Glutamatsystem (NMDA-Rezeptor-Aktivität) ist mit den Ursachen und der Entwicklung einer Vielzahl psychiatrischer und neurologischer Störungen, einschließlich Psychosen und Schizophrenie, verbunden.
D-Serin ist als ein Verstärker (Agonist) an Glutamat-Rezeptoren (NMDARs) von großem Interesse. Verschiedene Studien an Tiermodellen und am Menschen haben gezeigt, dass D-Aminosäuren, insbesondere D-Serin, in der Lage sind, verschiedene NMDAR-abhängige Prozesse zu beeinflussen, darunter synaptische Plastizität (Anpassungsfähigkeit des Gehirns) , Gehirnentwicklung, Kognition und Altern des Gehirns.
Neue Erkenntnisse deuten auf eine mögliche Rolle von D-Serin bei der Regulierung der NMDAR-Funktionen zur Behandlung und ein potenzielles therapeutisches Mittel und/oder Biomarker für Schizophrenie hin.
Diese Ergebnisse unterstützen D-Serin als vielversprechenden Bestandteil einer Therapie bei therapieresistenter Schizophrenie. (1) (2)
Eine Forschungsarbeit kommt zu dem Ergebnis:
"Es wurde die Hypothese aufgestellt, dass D-Serin die Entwicklung von therapieresistenter Schizophrenie verhindern könnte." (1)
3. Studien
Positive, negative und kognitive Symptome
D-Serin wurde in zahlreichen klinischen Studien allein oder als Zusatzbehandlung zu Standard-Antipsychotika zur Verbesserung positiver, negativer und kognitiver Symptome der Schizophrenie eingesetzt. Es wurde in insgesamt 9 placebokontrollierten Studien mit über 300 Patienten getestet.
Einer aktuellen Rezension stellen fest:
"In den meisten Studien wurde D-Serin in einer Dosis von 2000 mg/Tag verabreicht, mit einem signifikanten positiven Effekt auf positive und negative Symptome von Schizophrenie, einschließlich einer Verbesserung der kognitiven Funktion. Eine hohe Dosis von 4000 mg/Tag kann sogar wirksamer sein als eine niedrigere Dosis und erhebliche therapeutische Auswirkungen auf die Kognition haben." (1)
1. Eine placebokontrollierte Studie untersuchte die Wirkung der zusätzlichen Gabe von D-Serin. Am Ende der 6-wöchigen Behandlung zeigten die mit D-Serin behandelten Patienten eine Verbesserung der positiven und negativen Symptome, einen Rückgang der kognitiven Funktion sowie eine signifikante Verringerung depressiver Störungen. (6)
Die Studien zeigte, das die Behandlung mit D-Serin zu einem 20%igen Rückgang der positiven und der negativen Symptome führte. Die kognitiven Symptome verbesserten sich um 10% , Depressionen um 20% und Stress um 10% gegenüber Placebo in 6 Wochen. (6)

2. In einer weiteren Studie wurden 37 Patienten aufgenommen, bei denen Schizophrenie diagnostiziert worden war. Alle Patienten reagierten nur geringfügig auf eine Behandlung mit anderen antipsychotischen Arzneimitteln.
Die Behandlung mit D-Serin führte zu einem 17%igen Rückgang der positiven Symptome und einem 21%igen Rückgang der negativen Symptome. (4)
3. Eine Studie verglich hohe Dosen (3000 mg/Tag) von D-Serin mit hohen Dosen von Olanzapin (30 mg/Tag) bei Patienten mit therapieresistenter Schizophrenie und kam zu dem Schluss, dass D-Serin als Monotherapie wirksam ist. Eine sehr hohe D-Serin-Dosis von bis zu 4000 mg/Tag verursachte keine unerwünschten Arzneimittelwirkungen. (7)
Hohe D-Serin-Dosen können erforderlich sein, um die NMDAR-vermittelte Aktivierung dopaminerger Rezeptoren zu verstärken und therapeutische Serum-D-Serin-Spiegel und den anschließend vorhergesagten Anstieg der Gehirnkonzentrationen dieser Aminosäure zu erreichen. D-Serin war selbst bei Verabreichung sehr hoher Dosen (120 mg/kg/Tag) sicher.
Metaanalysen
4. Eine kürzlich durchgeführte systematische Überprüfung und Metaanalyse unter Einbeziehung 40 placebokontrollierte Studien mit 4937 Patienten mit Schizophrenie zeigte folgendes Ergebnis:
"Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass N -Methyl- D -Aspartat-Rezeptor-Modulatoren, insbesondere mit Glycin, D-Serin und Sarkosin, bei der Behandlung von Schizophrenie vorteilhafter sind als das Placebo, und dass sich die Wirkung sowohl auf positive als auch auf negative Symptome erstreckt ... sie hatten zufriedenstellende Nebenwirkungen und ein zufriedenstellendes Sicherheitsprofil. " (3)
Ängste
D-Serin spielt eine Rolle bei der Regulierung von Angstzuständen durch Modulation der NMDA-Rezeptoren im Gehirn, die an Angst und angstbedingten Störungen beteiligt sind. D-Serin fungiert als Co-Agonist für NMDA-Rezeptoren, die für die synaptische Plastizität von entscheidender Bedeutung sind und an Angst und angstbedingtem Verhalten beteiligt sind.
D-Serin ist an der Löschung von Angsterinnerungen beteiligt, einem Prozess, der bei der Therapie von Angststörungen wie PTBS von zentraler Bedeutung ist. Es könnte das Extinktionslernen erleichtern, bei dem neue, nicht bedrohliche Assoziationen mit zuvor angstauslösenden Reizen gebildet werden.
D-Serin wird als potenzielles Therapeutikum für Angststörungen untersucht, insbesondere für solche, die mit Furcht und angstbedingtem Verhalten einhergehen.
4. Anwendung
Es ist bekannt, dass der Verzehr von Aminosäuren in freier Form leicht verfügbar sind und direkt in den Körperkreislauf aufgenommen werden. Dies ermöglicht einen einfachen Zugang zu den Aminosäuren, die für die Funktion des Zentralnervensystems notwendig sind.
Es gibt Hinweise darauf, dass D-Serin möglicherweise wichtiger ist als Glycin. Insbesondere haben frühere Studien gezeigt, dass die zur Aktivierung von NMDA-Rezeptoren erforderliche wirksame Dosis für D-Serin im Vergleich zu Glycin niedriger war.
Eine Dosis-Eskalations-Studie wurde durchgeführt, die deutliche Verbesserungen der psychotischen Symptome bei 2 - 4 g (bzw. 60 - 120 mg/kg) D-Serin pro Tag zeigte . (8)
Hohe D-Serin-Dosen können erforderlich sein, um die NMDAR-vermittelte Aktivierung dopaminerger Rezeptoren zu verstärken und therapeutische Serum-D-Serin-Spiegel und den Anstieg der Gehirnkonzentrationen dieser Aminosäure zu erreichen. D-Serin war selbst bei Verabreichung sehr hoher Dosen von 4 g am Tag (120 mg/kg/Tag) sicher. (7)
5. Einkauf

D-Serin ist in der Regel schwer in erhältlich. Dafür gibt es L-Serin günstig im Handel. L-Serin wird vom Körper in D-Serin umgewandelt. Aus einer Übersichtsarbeit zu L-Serin:
" L-Serin wird auch zur Behandlung von Epilepsie, Schizophrenie, Psychosen und Alzheimer sowie anderen neurologischen Erkrankungen eingesetzt. Darüber hinaus belegen die Verabreichung von L-Serin an Tiere und klinische Studien am Menschen zur Untersuchung der therapeutischen Wirkung von L-Serin im Allgemeinen die Sicherheit von L-Serin. Die besondere Bedeutung dieser Übersichtsarbeit liegt in der Betonung des therapeutischen Potenzials von L-Serin als allgemeine Behandlung zahlreicher Erkrankungen und Verletzungen des ZNS. Aufgrund seines breiten Funktionsspektrums kann L-Serin klinisch als wirksames neuroprotektives Mittel eingesetzt werden."(9)
Es kostet ca. 15€ für 100 g. Das entspricht 30 ct für die Tagesdosis von 2g.
Die Ergänzung mit den Vitaminen B6, B9, Kupfer und Eisen zusammen mit Serin kann die kognitionsverstärkenden Eigenschaften unterstützen.
Studien und Quellen
(1) The role of D-serine and D-aspartate in the pathogenesis and therapy of treatment-resistant schizophrenia. Regina F. Nasyrova, Aiperi K. Khasanova , Kuanysh S. Altynbekov , Azat R. Asadullin , Ekaterina A. Markina , Arseny J. Gayduk , German A. Shipulin , Marina M . Petrova , und Natalia A. Shnayder, 2022
(2) Rational and Translational Implications of D-Amino Acids for Treatment-Resistant Schizophrenia: From Neurobiology to the Clinics. Andrea de Bartolomeis , Licia Vellucci , Mark C. Austin , Giuseppe De Simone, Annarita Barone, 2022
(3) Goh, KK; Wu, T.H.; Chen, CH; Lu, ML Efficacy of N-methyl-D-aspartate receptor modulator augmentation in schizophrenia: A meta-analysis of randomized, placebo-controlled trials. J. Psychopharmacol. 2021
(4) USE OF D-SERIN OR D-ALANINE FOR THE TREATMENT OF SCHIZOPHRENIA https://patents.google.com/patent/DE69936848T2/de
(5) Low d-serine levels in schizophrenia: A systematic review and meta-analysis. Seo-Eun Cho 1, Kyoung-Sae Na 2, Seong-Jin Cho 1, Seung Gul Kang, 2016
(6) D-serine efficacy as add-on pharmacotherapy to risperidone and olanzapine for treatment-refractory schizophrenia. Uriel Heresco-Levy, Daniel C. Javitt, Richard Ebstein, Agnes Vass, Pesach Lichtenberg, Gali Bar, Sara Catinari, Marina Ermilov, 2005
(7) A pilot double-blind comparison of d-serine and high-dose olanzapine in treatment-resistant patients with schizophrenia. Marina Ermilov 1, Evgenia Gelfin, Raz Levin, Pesach Lichtenberg, Kenji Hashimoto, Daniel C Javitt, Uriel Heresco-Levy, 2013
(8) High dose D-serine in the treatment of schizophrenia. Joshua T Kantrowitz 1, Anil K Malhotra, Barbara Cornblatt, Gail Silipo, Andrea Balla, Raymond F Suckow, Cyril D'Souza, John Saksa, Scott W Woods, Daniel C Javitt, 2010
(9) L-Serine, an Endogenous Amino Acid, Is a Potential Neuroprotective Agent for Neurological Disease and Injury. Lisha Ye†Yechao Sun†Zhenglin JiangGuohua Wang, 2021