Als Erklärungsmodell zur Ätiologie der schizophrenen Psychosen geht man derzeit von einem multifaktoriellen Modell aus, bei dem genetisch-biologische und psychosoziale Ursachen in einem Wechselspiel eine Schizophrenie auslösen können. So wie es im Vulnerabilitäts-Stress-Modell dargestellt wird, wonach das Überschreiten einer nicht definierten Menge Stress der Faktor ist, der die Psychose bei einem vulnerablen Menschen ausbrechen lässt. Als zentral wird eine Störung der Regulation der Informationsverarbeitung angesehen.
Exponenten der antipsychiatrischen Bewegung wie zum Beispiel der Psychiater Ronald D. Laing sahen die Ursache der Schizophrenie jedoch nicht in einem genetisch-biologischen Defekt, sondern vielmehr darin, dass die Individuen, welche in der Psychiatrie als schizophren angesehen werden, das gesellschaftliche Gleichgewicht durch ihr Unter- oder Überschreiten der Norm stören. Dabei verwendet Laing u. a. Begriffe wie den der „sozialen Kontrolle“. Ähnlich kritisch gegenüber biologistischen Konzepten argumentieren heute Vertreter der kritischen Psychologie u. a. nach Klaus Holzkamp.
Biologische Faktoren:
Die Zwillingsforschung hat eine genetische Komponente der Schizophrenie, die durch eugenisch geprägte Forscher wie Rüdin oder Manfred Bleuler überschätzt wurde, relativiert. Je näher die Verwandtschaft mit einem Schizophreniekranken, desto wahrscheinlicher wird auch eine eigene Erkrankung. Bei einem schizophreniekranken Elternteil beträgt sie fünf bis zehn Prozent, bei kranken Geschwistern acht bis zehn Prozent, bei eineiigen Zwillingen 45 % und etwa 21 % bei zweieiigen Zwillingen.Wäre die Schizophrenie eine rein genetisch verursachte Krankheit, müsste sie bei eineiigen Zwillingen 100 % betragen. So könnte man sich die beobachtete erhöhte Konkordanz bei eineiigen im Vergleich zu zweieiigen Zwillingen oder zu genetisch nichtidentischen Geschwistern auch durch die erleichterte Übertragung intrauteriner Infektionen von der Mutter auf einen oder beide Föten einer Zwillingsschwangerschaft erklären.
Es gibt auch Hinweise auf einen Zusammenhang von Schizophrenie mit frühkindlichen Hirnschädigungen, etwa durch Geburtskomplikationen. An Schizophrenie erkrankte Menschen weisen eine erhöhte Quote an Komplikationen bei ihrer Geburt auf. Insgesamt fallen bei diesen Betroffenen die Behandlungsprognosen schlechter aus.
Weiterhin gibt es einige Befunde, die vermuten lassen, dass frühkindliche Infektionen eine Rolle spielen.Die Häufung schizophrener Erkrankungen bei Menschen, welche in Großstädten sowie in den ersten drei Monaten des Jahres geboren wurden, stützt diese Hypothese.Zu den Infektionen, die im Verdacht stehen, das Ausbrechen schizophrener Psychosen zu begünstigen, gehören einerseits bestimmte Viren (Herpes-simplex-Virus Typ II, Influenza- und Borna-Viren), andererseits stehen auch Protozoen wie Toxoplasma gondii und bestimmte Borrelien unter Verdacht. Da diese Hinweise jedoch überwiegend auf dem Nachweis von Antikörpern im Blutserum schizophrener Patienten beruhen, sind sie aufgrund methodischer Unsicherheiten umstritten.
In bestimmten Untersuchungen des Gehirns von schizophrenen Patienten kann man Anomalien feststellen – teilweise auch schon zu Beginn der Erkrankung. Dabei zeigt sich eine statistisch signifikante Häufung dieser Anomalien in Struktur- und Funktionsuntersuchungen bei schizophrenen Patienten gegenüber nicht-schizophrenen Personen. So weisen manche schizophrene Patienten leicht erweiterte Hirnventrikel (Seitenventrikel) auf. In der feingeweblichen Untersuchung von Hirngewebe verstorbener Schizophrener ist teilweise ein Mangel an Nervenfasern und Nervenverbindungen im Bereich der Amygdala, des Hippocampus und anderen limbischen Strukturen, des Temporallappens und der frontalen Hirnregionen nachzuweisen wie auch andere Auffälligkeiten der Mikrostruktur. Dennoch sind diese Befunde nicht spezifisch für die Schizophrenie – sie finden sich nicht bei allen schizophrenen Patienten. Bei einer Positronen-Emissionstomografie ist bei schizophrenen Patienten oft eine verminderte Aktivität des Frontalhirns zu erkennen. Dies nennt man Hypofrontalität.Bislang wurde jedoch nicht geklärt, ob es sich bei der beschriebenen Veränderung um eine verminderte Aktivität des frontalen Cortex handelt oder nur um seine verminderte Aktivierbarkeit aufgrund einer krankheitsbedingten erhöhten Basisaktivität. Während einer schizophrenen Psychose kommt es auch zu biochemischen Veränderungen im Gehirn. Dabei spielt der NeurotransmitterDopamin eine große Rolle (Dopaminhypothese). Ein Teil der Nervenzellen, die Dopamin als Neurotransmitter verwenden, sind in der Psychose überaktiv, andere unteraktiv, womit man heute einerseits die sogenannten Positivsymptome (als Folge der Überaktivität des einen Teils) und andererseits die Negativsymptome (als Folge der Unteraktivität eines anderen Teils des Dopaminsystems) erklärt.In diesem Transmittersystem wirken auch die Medikamente, welche die positiven schizophrenen Symptome günstig beeinflussen oder beseitigen können, – die so genannten Neuroleptika. Ein anderer Botenstoff, das Glutamat, ist seit neuestem mehr in den Mittelpunkt des Interesses gerückt, seit eine Studie Hinweise auf eine Wirksamkeit eines (noch nicht im Handel erhältlichen) Medikaments erbracht hat, das auf dieses System einwirkt.
Diese Befunde lassen vermuten, dass die neurobiologischen Grundlagen der Schizophrenie nicht auf einen bestimmten Punkt im Gehirn festzulegen sind. Möglicherweise kommt es aufgrund einer Reihe biologischer Faktoren wie genetische Faktoren, Sauerstoffmangel bei der Geburt und eventuell frühkindliche Infektionen zu einer Entwicklungsstörung des Gehirns, welche sich in einer veränderten Vernetzung von Nervenzellen in der Ultrastruktur des Hirns äußert.Diese und möglicherweise andere Ursachen führen zu einer Vulnerabilität der noch nicht erkrankten Person. Allerdings können bereits bestimmte neuropsychologisch nachweisbare Symptome, so genannte Basissymptome, vorhanden sein. Bis zur völligen Ausreifung des Gehirns können die Vulnerabilität und die dadurch eventuell bedingten geringen Basissymptome kompensiert werden. In der Adoleszenz oder später kann es dann bei hinzukommenden psychosozialen Belastungen – oder bei starker Vulnerabilität auch spontan ohne diese – zum Ausbruch der schizophrenen Psychose kommen. Man nennt dies das Diathese-Stress-Modell. Letztlich kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht ausgeschlossen werden, dass es sich bei dem überwiegend phänomenologisch definierten Krankheitsbild der Schizophrenie nur um die gemeinsame Endstrecke verschiedener, funktionell völlig unabhängiger Pfade der Krankheitsentstehung handelt. Für eine solche Sichtweise spricht unter anderem das Auftreten schizophrenieartiger psychotischer Symptome bei einer Reihe von organischen Erkrankungen wie z. B. bei der Epilepsie und im Verlauf von HIV-Infektionen.
Psychosoziale Faktoren:
Auffallend ist, dass akute Schübe häufig in besonders belastenden und veränderungsträchtigen Lebenssituationen auftreten, etwa Auszug aus dem Elternhaus, Heirat, Arbeitsplatzwechsel, Renteneintritt, Todesfall in der Familie usw. Zusammenfassend bezeichnet man diese als „belastende Lebensereignisse“.
Die frühere Annahme eines schizophrenieauslösenden Familienmilieus (insbesondere der „schizophrenogenen Mutter“) gilt als überholt. Allerdings hat das in der Familie herrschende Klima („Expressed-Emotion-Theorie“) einen großen Einfluss auf den Verlauf, das Rückfallrisiko und die Prognose der Erkrankung.
Lange Zeit war auch die Doppelbindungstheorie als Erklärungsmuster populär. Dabei handelt es sich um widersprüchliche bis paradoxe Kommunikationsmuster, von denen man annahm, dass sie Einfluss auf die Entstehung einer Schizophrenie haben könnten. Auch dies hat sich nur teilweise als haltbar erwiesen.
Ich-Entwicklungsdefizite oder gravierende Vernachlässigung in den ersten Lebensjahren können dagegen Faktoren sein, die zu einer größeren Vulnerabilität, also Krankheitsanfälligkeit, führen. Dem derzeit aktuellen Diathese-Stress-Modell (nach Zubin, Ciompi) zufolge sind es also bestimmte Belastungssituationen, die im Zusammenwirken mit anderen ungünstigen Faktoren bei Menschen mit einer angeborenen „Anfälligkeit“ für psychische Erkrankungen zum Ausbruch einer schizophrenen Psychose führen können.
Toxische Faktoren:
Allgemein kann festgestellt werden, dass stark bewusstseinsverändernde Substanzen den Ausbruch einer Schizophrenie begünstigen. Pauschale Aussagen können nicht getroffen werden; es kommt sowohl auf die genetische Disposition als auch auf die jeweilige Persönlichkeit an.
Es gibt starke Hinweise darauf, dass der Cannabiswirkstoff THC bei Menschen mit genetischer Disposition nach dem Vulnerabilitäts-Stress-Modell durch nachteilige Beeinflussung der Transmittersysteme (z. B. im Hippocampus) eine Schizophrenie auslösen kann oder den Ausbruch in einem jüngeren Lebensalter begünstigt, insbesondere, wenn Cannabis mit Amphetaminen kombiniert wird. Ob jemand die Anlage in sich trägt, ist meist unbekannt. Das Auftreten von Schizophrenien in der näheren Verwandtschaft kann jedoch ein starker Hinweis sein. Cannabis scheint die Entwicklung von Psychosen im Allgemeinen zu begünstigen.Auch andere Rauschmittel wie Kokain, Phencyclidin, LSD und Alkohol können psychotische Zustände auslösen. Auch Psilocybin kann psychische Erkrankungen wie eine Schizophrenie auslösen oder zumindest einen Ausbruch begünstigen.
Ebenfalls ist bekannt, dass auch nicht bewußtseinsverändernde Stoffe wie z. B. Steroide eine Psychose hervorrufen können.
Ernährungsfaktoren:
Zöliakie und Laktoseintoleranz können bei Personen, die eine genetische Disposition zur Schizophrenie haben, psychotische Zustände auslösen oder verstärken (wenn diese zu viel Gluten bzw. Milch zu sich nehmen).
Hormonelle Faktoren:
Schon Kraepelin und Kretzschmer hatten festgestellt, dass viele schizophrene Frauen Zeichen für eine „Unterfunktion der Keimdrüsen“ mit „Hypoöstrogenismus“ zeigten. Östrogene scheinen zahlreiche Neurotransmittersysteme, unter anderem das dopaminergene, zu beeinflussen. Östrogene verbessern die Gehirndurchblutung, stimulieren das Neuronenwachstum und die synaptische Vernetzung und wirken allgemein neuroprotektiv. In klinischen Studien konnten bei schizophrenen Frauen unregelmäßige Zyklen und im Vergleich zu den Normwerten gesunder Frauen erniedrigte Estradiol- und Progesteronspiegel festgestellt werden. Schon sehr früh wurden Versuche zur Hormonsubstitution angestellt und über Erfolge berichtet. Es sind jedoch nur wenige Details dieser Versuche bekannt. In jüngster Zeit gab es Interventionsstudien mit ermutigenden Ergebnissen. Es wird berichtet, dass bei psychotischen Frauen durch eine adjuvante Östrogengabe zusätzlich zu Neuroleptika eine raschere Besserung eintrat als bei der Kontrollgruppe. Bei postmenopausalen Frauen mit Schizophrenie, bei denen eine Östrogensubstitution erfolgte, konnte eine geringere Minussymptomatik festgestellt werden. Sie benötigten zudem signifikant niedrigere Dosen von Neuroleptika.
Perinatale Komplikationen:
Pränatale beziehungsweise perinatale Komplikationen, wie zum Beispiel Plazentainsuffizienz oder Hypoxie oder auch Infektionen in der Schwangerschaft sind ein Risikofaktor für spätere schizophrene Erkrankungen des Kindes.
Ungewolltsein des Kindes:
Schizophrenie trat bei Kindern von Müttern, die ihr Kind in der späten Schwangerschaft als „ungewollt“ bezeichnet hatten, etwa doppelt so häufig auf wie bei erwünschten Kindern.
Leben in der Stadt:
Menschen, die die ersten fünfzehn Jahre ihres Lebens in der Stadt verbracht haben, erkranken ungefähr zwei bis drei Mal so häufig an Schizophrenie wie Landkinder. Dies wurde bei einer dänischen Untersuchung mit 1,9 Millionen Teilnehmern herausgefunden und durch andere Studien bestätigt. Über die Gründe für diese Stadt-Land-Unterschiede ist nichts bekannt. Sie zeigen jedoch, dass nicht nur genetische Gründe schuld am Ausbruch einer Schizophrenie sind.